Anna Konjetzky & Co

WE ARE HERE // Abendzeitung München

WE ARE HERE // Abendzeitung München

“We are here”: Stop und Go in der Muffathalle

Abendzeitung München, 21. Juli 2021 // Autor: Vesna Mlakar
“We are here” – ein Tanzstück von Anna Konjetzky, das am Mittwoch noch einmal in der Muffathalle aufgeführt wird.

Schluss mit klein, dachte sich Anna Konjetzky. Die Tänzer der freien Szene müssen endlich wieder raus ins Rampenlicht und dabei ihre Energien bündeln.
Nach unzähligen Absagen und Projektverschiebungen im Zuge der Covid-19-Krise und ihrem emotionalen Lass-alles-Aufgestaute-an-Gefühlen-raus-Soloprojekt “Über die Wut” entschloss sich die weit überregional erfolgreiche Münchner Choreografin zu einem Experiment, das in seiner Umkehrung jenem vergleichbar ist, mit dem das Ballett des Gärtnerplatztheaters die 30. Tanzwerkstatt Europa eröffnet: neue, anders “tickende” Körper toben sich in unter gänzlich anderen Bedingungen entstandenen Stücken aus.

Newcomer und erfahrene Joker wickeln Zuschauer um den Finger
Nur dem Zufall ist dieses kongeniale Zusammentreffen zu verdanken. Man kann nur empfehlen, das auch auszukosten. Schon in der Generalprobe von “We are here” wickeln junge Newcomer wie João Santiago und Oliver Pertiglieri mitsamt starken Frauen (Aurora Bonetti, Eleonore Bovet, Erica D’Amico, Chiara Viscido) und flankiert von immer guten erfahrenen Jokern à la Guido Badalamenti, David Cahier, Sahra Huby, Quindell Orton oder Alfonsos Fernández Sánchez den Zuschauer locker um den Finger. Jeder hier hat Unikatcharakter. Und das in einer Freakshow von alltagsgelangweilten Typen, die innerhalb eines neutral-grauen Raums diversen akustischen – mal angenehmen, meist aber stressig-bedrohlichen – Szenarien ausgesetzt werden.

Konjetzkys Wahl fiel auf ihr gerade wieder rechtefreies Stück, das sie im Mai 2019 mit dem Saarländischen Staatsballett uraufgeführt hatte. Nun verantworten, nach Monaten der Unsichtbarkeit, elf lokale Performer die Premiere der Münchner Neueinstudierung. Die Kostüme mitsamt dem unmerklich raffiniert den Platz stetig verkleinernden Original-Bühnenset bekam man geliehen. Das verpasst dieser Produktion den vereinnahmend professionellen Look. Zur Ruhe kommt man beim Zusehen allerdings nicht.

Klangideen prallen auf Bewegungsmuster
Ganz offensichtlich wurde die zum Ende hin immer waghalsigere solistische Highlight-Momente abfackelnde Show im Sinne einer gedanklichen Bedienung von Play- und Pausentaste kreiert. Sogkraft entwickelt sich folglich aus einem ständigen Stop und Go. In jeder Sequenz wird irgendein Motiv schallwellenartig auf die Spitze getrieben.

Ständig prallen Klangideen (Sergej Maingardt, mit unzähligen Effekten von lauten Pingpongbällen bis zu Raubtiergebrüll) und Bewegungsmuster gegeneinander. Nach gut 50 Minuten persönlicher Assoziationsausbeutung bekommt man dann fast alles nochmals per weich gesoftetem Schnelldurchlauf vorgespielt. Auch das musikalische Universum rauscht einem zeitlich eingedampft zum Schluss ein weiteres Mal laut um die Ohren. Top ausgeklügelt, dieser herausfordernd-fiese Spaß!

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Über die Wut // danceinternational.org

Über die Wut // danceinternational.org

Über die Wut

danceinternational.org, 14. Juni 2021 // Autor: Jeannette Andersen
For her new piece, Über die Wut (About Anger), Anna Konjetzky chose a traditional stage — at the Münchner Kammerspiele —

The solo, danced by the fabulous freelance dancer Sahra Huby, was spellbinding. Huby’s register of anger spanned cartoon-like movements, repressed anger that distorted the body, anger that welled up from her toes and tried to escape through her mouth, aggressive typically masculine gestures and much more. Scenes of violent demonstrations, such as those for Black Lives Matter, and of refugees trying to climb the wall between Mexico and the United States, were projected upstage on white banners because, as Konjetzky explained in her artist talk, we are living in a world of anger.

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Über die Wut // Abendzeitung

Über die Wut // Abendzeitung

Über die Wut

Abendzeitung, 18. Mai 2021 // Autor: Vesna Mlakar

Sahra Huby, die als kongeniale Protagonistin in Anna Konjetzkys „Über die Wut“ dem einst so herrlich explodierenden HB-Männchen das Wasser abgräbt, wird im situativen Darstellen der unkontrollierbaren Emotion irgendwann auch laut und schrill, wie das sie zeitweise begleitende Wort- und Bildergewitter. In Bruchteilen von Sekunden tut sich auf diese Weise Angst, Leid oder Verzweiflung kund.e freien Lauf lässt.

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Über die Wut // Tanznetz.de

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ANGER MANAGEMENT – NEIN DANKE!

Tanznetz, 16.05.2021 // Autor: Greta Haberer
Anna Konjetzky kreiert mit ihrer neuen Performance “Über die Wut” ein Manifest über weibliche Wut
Audre Lorde, Greta Thunberg, Simone de Beauvoir, Clara Zetkin, Laurie Penny, Sarah Ahmed, Angela Davis, Medea, Rosa Parks und Jeanne d´Arc – sie alle sind mit im Raum, wenn Sahra Huby ihrer Wut auf der Bühne freien Lauf lässt.

Audre Lorde, Greta Thunberg, Alexandria Ocasio-Cortez, Simone de Beauvoir, Clara Zetkin, Laurie Penny, Sarah Ahmed, Angela Davis, Medea, Margarete Stokowski, Rosa Parks und Jeanne d´Arc – sie alle sind mit im Raum, wenn Sahra Huby ihrer Wut auf der Bühne freien Lauf lässt. Ihre Reden schweben über allem, als Wolke aus Papier, auf die ein sprechender Mund projiziert ist. “How dare you?” fragt die Stimme von Greta Thunberg.

“Über die Wut” ist eine Hommage und ein Aufruf. Eine Ermutigung und eine Forderung, wütend zu sein und noch wütender zu werden – besonders als Frau. Anna Konjetzkys Tanzinstallation hat ihre Uraufführung beim DANCE Festival in München in den Kammerspielen und zeigt, dass es okay ist, wütend zu sein. Es ist ein Soloabend mit der Tänzerin Sahra Huby, die mit ihrem Körper und ihrer Stimme ihrem Zorn Formen und Formulierungen gibt. Aber sie drückt nicht nur ihre eigene Wut aus, die sich lange angestaut zu haben scheint, sondern die von vielen Frauen auf der ganzen Welt, nicht nur heute, sondern über Jahrzehnte hinweg.

Sie spannt die Muskeln an, verzerrt ihr Gesicht, fletscht die Zähne und reißt die Augen auf. Sie schnauft und keucht, schlägt um sich und verpasst der Luft einen Kinnhaken. Immer wieder spielt sie mit Bewegungen, die in unserer Gesellschaft männlich konnotiert sind: mit den Fäusten auf die Brust schlagen oder mit dem Bizeps angeben. Auch wenn alles ein wenig überzogen ist, ist es keine Karikatur. Sie ahmt keine Männer nach, nein, sie kann das genauso wie sie. Sie ist genauso stark und kann genauso wütend sein. Und sie hat allen Grund dazu. Nachdem sie ihren Körper so über die Bühne geschleudert hat, steht sie am Mikro und erzählt, warum und auf was und wen sie wütend ist. Das hat viel Identifikationspotenzial.

Auf der Bühne hängen weiße Papierstreifen der Länge nach von der Decke auf den Boden. Sie erinnern an Banner oder Transparente und dienen hier als Projektionsfläche. Zwischen ihnen flackert in LED-Buchstaben das Wort WUT. Es werden Demonstrationen gezeigt, wo eben solche Banner und Schilder gehalten werden: Black Lives Matter, Enough is enough, Stop Killing Us! Ansonsten Szenen von Flucht, Waldabholzung, alte weiße Männer in Anzügen, die sich die Hände schütteln, Menschen, die über die Mauer an der Grenze zwischen Mexiko und den USA klettern – es gibt genug Gründe wütend zu sein. Aber warum sind wir es nicht? Diese Frage sollte sich beim Publikum immer wieder stellen.

Unsere Kultur ist voll von wütenden Figuren. Sie werden auf eine Leinwand in einem Bilderrahmen projiziert, der ebenfalls von der Decke hängt. Es ist nur der Körper der Tänzerin zu sehen, ihr Gesicht wird ersetzt durch aggressive Comicfiguren oder einen schreienden Jack Nicholson und Frances McDormand in “Three Billboards Ouside Ebbing, Missouri”, eine der großartigsten wütenden Frauenfiguren der letzten Jahre. Der Körper von Sahra Huby unter den Bildern verzerrt sich dabei in Posen von Frustration und Rage. Ihre Beine stampfen auf den Boden ein, Fäuste fliegen durch die Luft. Sie tobt buchstäblich vor Wut. All das ist untermalt von der elektronischen Musik von Brendan Dougherty, die über den gesamten Abend hinweg perfekt unterstreicht, was auf der Bühne passiert. Sie ist hektisch und aufgeladen, manchmal elektrisierend. Sie lässt auch das Adrenalin bei den Zuschauenden steigen.

Ja, Wut ist erschöpfend. Das zeigt Sahra Huby auch. Aber was viel wichtiger ist und was zeigt, dass sich all die Energie, die man in seinen Zorn steckt, wirklich lohnt, ist die Befreiung, die danach zu spüren ist. Wenn es egal ist, dass die Gesellschaft von Frauen verlangt, eben nicht wütend zu sein und all die Unterdrückung lächelnd hinzunehmen. Die Tänzerin fliegt am Ende beinahe über die Bühne. Ihre Bewegungen sind fließender, beschwingter und leichter. Nichts ist mehr zu spüren von den verkrampften Muskelanspannungen und Gesichtsverzerrungen vom Anfang. Ihre Haare sind nicht mehr zu einem strengen Zopf gebunden, sondern offen und sie schmeißt ihren Kopf durch die Luft. Sie hat auch ihren Overall abgelegt und ist nun nackt. Ein weiterer Akt der Befreiung und gleichzeitig ein Zeichen der Selbstbestimmung.

Am Ende greift sie nochmal zum Mikro. Sie ist nicht allein, sagt sie. Sie ist hier zusammen mit all den wütenden Frauen der Geschichte. Sie nennt ihre Namen und sie laufen in Dauerschleife, bis sie den Raum völlig ausfüllen. Man ist als Frau nicht allein mit seiner Wut. Und es ist wichtig, wütend zu sein. Welche Kraft dadurch entstehen kann, zeigt Anna Konjektzkys Performance mit voller Wucht. Sie zerstört das Bild der hysterischen und zickigen Frau und setzt an ihre Stelle eine starke, zielgerichtete und zornige. Sie zeigt, dass Wut nichts Männliches ist. Wut war bisher eine Emotion, die nicht mit Frauen in Verbindung gebracht wurde. Das sollte sich ändern. Weibliche Wut ist eine Notwendigkeit, um etwas zu verändern und wir brauchen mehr davon.

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TransKali // Bayerische Staatszeitung

TransKali // Bayerische Staatszeitung

DURCHEINANDER SCHWÄRMENDE MOLEKÜLE

Veröffentlicht am 10.08.2007, Bayerische Staatszeitung // Autor: Katrin Stegmaier

Tanzwerkstatt Europa in München

Weiterbildung im Urlaub fordern die einen. Erholung sehen die anderen als Auftankmedizin. Bei Münchens Tanzwerkstatt Europa (TWE) läßt sich beides vereinen. Gerade trainieren Profis wie Laien in Workshops wie zeitgenössischer Tanz, choreographische Komposition … . Anna Konjetzky konnte ihr von afrikanischer Tanztradition durchpulstes “Transkali” uraufführen: Aufgehoben in einem live getrommelten, Trance-schaffenden Klangraum vollziehen vier Tänzerinnen ein Ritual zwischen Geburt und Tod. Mit ihrem Gefühl für Raum und dramaturgische Bögen hat Anna Konjetzky diese Auftrittschance verdient.

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In mir drin – en moi // Süddeutsche Zeitung

In mir drin – en moi // Süddeutsche Zeitung

Entsetzte Voyeure eines angekündigten Inzests

Süddeutsche Zeitung, Würmtal SZ, 09.11.2006 // Autor: Sabine Zaplin

Uraufführung des Tanzprojekts “In mir drin – en moi”
Julie Laporte und Choreografin Anna Konjetzky inszenieren im Gautinger Bosco eine beklemmend intime Peep-Show

Gauting: Es war eine verschworene Gemeinschaft, die sich am Dienstagabend im Bosco zur Vorstellung von “In mir drin – en moi” einfand, dem Tanztheater mit Julie Laporte, choreografiert und inszeniert von Anna Konjetzky. Nur zwanzig Zuschauer waren zugelassen, und das allein gab dem Abend den Reiz des Besonderen. Der Saal war dunkel, auf der Bühne stand ein Geviert aus zwanzig hölzernen Kabinen. Jeder Zuschauer wurde zu einer Kabine geführt, in der sich ein Haken für die Garderobe, ein Stuhl und der Kopfhörer befanden. Gegenüber der Tür ein Fenster, noch spiegelte dieses, vom Licht in der Kabine beleuchtet, das Gesicht des Zuschauers. Doch dann erlosch das Kabinenlicht, das Fenster gab den Blick frei auf einen Innenraum zwischen den Kabinen. (…) Im Karrée des Innenraumes stand Julie Laporte, ganz in Schwarz gekleidet. (…) Sie beginnt, diesen offensichtlich ihr nicht wirklich gehörenden Körper durch den eng abgesteckten Raum zu bewegen, ihn mit sich zu schleifen, ihn loszulassen. Dazu spricht sie, als spräche es aus ihr, einen nahezu gleichförmigen Monolog, die Zuschauer in ihren Kabinen verfolgen den Sprachstrom über die Kopfhörer, im französischen Original oder in deutscher Übersetzung. Von “Rasierklingen in den Mauern” ist die Rede, ein Bild, das Julie Laporte körperlich umsetzt, wenn sie vor den Wänden, vor dem Boden zurückzuckt. Etwas Ungeheuerliches, das erkennt jeder Voyeur in seiner Kabine, ist geschehen. Langsam, wie beim Schälen einer Zwiebel, entblättert sich die Geschichte, legt Julie Laporte sie frei, so wie sie ihre Haut freilegt, ohne sich dabei äußerlich zu entkleiden. Es ist ein Seelenstrip, und schon bald beginnen die in ihren Kabinen anonym hinter den Fenstern bleibenden Zuschauer sich zu fürchten vor dem, was sich unaufhaltsam offenbart: eine inzestuöse Vater-Tochter-Beziehung, eine dadurch für die Tochter unmöglich gewordene eigene Sexualität und Individualität. Der schmale, sich durch den Raum windende Frauenkörper erzählt diese Geschichte, erzählt vom Vater, der in diesem Körper war. Es ist der Vater, der diesen Körper bewegt, weil er darin war, darin ist. “Ich bin tot, aber nicht tot”, spricht die Stimme in diesem Körper, der selber ein Grab geworden ist. Der sich die Schuhe des Vaters aus einer Holzkiste im Raum nimmt, in der zuvor der Kopf des Körpers einen Schoß gesucht hat. Der in den Schuhen des Vaters eigene Schritte zu gehen vergeblich versucht. Und die Stimme in diesem toten, bewegten Körper spricht von der Markierung, die er zu tragen hat. “Es gibt nur eine Sache, die zählt, die Markierung. Und er hat mich markiert.”

“In mir drin – en moi” ist inspiriert von dem Roman “Inzest” der Autorin Christine Angot. Regisseurin Anna Konjetzky, von der auch die Raumidee stammt, lässt die Akteurin Julie Laporte dabei bis an die Schmerzgrenze gehen, an die eigene und an die der Zuschauer.(…)

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