||:Ein Bein hier und ein Bein dort:|| // Votum (in German)
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Jurybegründung Augenblick mal! 2015 // Author: Dirk Fröse
Wie kriegt man ein ganzes Publikum in den Kopf eines Kindes? Anna Konjetzky weiß, wie das geht. Ihr Kunstgriff ist einfach und wirkungsvoll. Sie schickt mit ihrem fünfköpfigen Tanzensemble ein Kind auf die Bühne, einen Jungen. Der steht öfter abseits und beobachtet die anderen und nimmt so das Publikum mit in seine Perspektive.
Im Kopf des Kindes wohnen seine Vergangenheit und seine Gegenwart, ein Dort und ein Hier. Das heimatliche Städtchen, erst vertraut, dann zerstört; eine neue Umgebung mit fremden Menschen, interessant, zuweilen beängstigend. Dazwischen die Flucht, über Land und durch Wasser. Ein Unterschlupf nach dem anderen bricht zusammen, Körper liegen herum…
Konjetzky führt mit traumwandlerischer Sicherheit und sogar Leichtigkeit eine Vielzahl künstlerischer Mittel zusammen, um dieses Konglomerat zu erzählen. Sätze des Kindes, geflüstert aus dem Off, die von seiner Befindlichkeit zeugen, aktuell oder erinnernd; auf großer Projektionsfläche Fotos, Malerei, Zeichnungen, auch animiert, schwarzweiß und farbig, erzählend, oder abstrakt atmosphärisch; eine treibende, die Szenen unterschiedlich rhythmisierende Musik; und vor allem: ihre eigenwillige Choreographie-Sprache: Die Tänzer/innen, hier eher Körperdarsteller/innen, geben Personen wieder, aber auch Gebäude, Landschaft, Spielgerät. Auch sie bauen Bilder.
Das Kind mischt sich zwar immer wieder mit ihnen, aber es allein bleibt immer bei sich, und wir bleiben bei ihm. Am Ende erscheint es einigermaßen „integriert“ im Hier. Anna Konjetzky erzählt aber seine zusammengesetzte Identität – ein Schicksal, das Last sein kann und Reichtum und das das Kind sein Leben lang prägen wird. Mit all ihrer so sichtbaren Kunstfertigkeit schafft Anna Konjetzky etwas ganz Innerliches: pure Empathie.